Energieflexible Modellregion Augsburg
In der Energieflexiblen Modellregion Augsburg (Konsortium auf der Karte dargestellt) werden die in den anderen Arbeitsgebieten erarbeiteten Lösungen umgesetzt und validiert sowie der Transfer auf weitere Regionen analysiert. Bei der Analyse der Übertragbarkeit der Ergebnisse aus SynErgie wurde deutlich, dass die industriellen Kerne Deutschlands ähnliche Stromerzeugungs- und Verbrauchsstrukturen wie die Modellregion Augsburg aufweisen und daher vor vergleichbaren Herausforderungen bei der Integration von erneuerbaren Energien und industrieller Flexibilität stehen. Die Erkenntnisse aus der Energieflexiblen Modellregion Augsburg sind somit auf sehr wesentliche Teile der Bundesrepublik übertragbar. Die Modellregion trägt somit Demonstrator-Charakter für SynErgie, weshalb die Vernetzung zu den anderen Arbeitsgebieten sowie die Kopernikus-übergreifende Zusammenarbeit einen wesentlichen Erfolgsfaktor für die Modellregion darstellt.
Die bisherigen Arbeiten im Rahmen der Energieflexiblen Modellregion Augsburg haben gezeigt, dass in Bezug auf die industrielle Energieflexibilität in Fabriken ganzheitlich, d.h. unter Berücksichtigung technischer, ökonomischer und personeller Gegebenheiten, gedacht werden muss. Zudem können energieflexible Fabriken nur dann umgesetzt werden, wenn darüber hinaus regionale Aspekte, wie die Herausforderungen der Netzbetreiber und Lieferanten sowie gesellschaftliche Fragestellungen berücksichtigt werden. Durch die zunehmende Elektrifizierung in der Mobilität, kommt zudem ein weiterer Abnehmer von Energie hinzu.
Der technologische Fokus dieses Arbeitsgebiets liegt auf der Anbindung der Unternehmen an Unternehmensplattformen und die Marktplattform. Hierbei wird auf Erkenntnisse des Arbeitsgebiets Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) aufgebaut. Konzepte zu IKT-Lösungen, Services und Datenschutz werden in der Modellregion im realen Testfeld angewandt und erprobt.
Die Energieflexibilisierung der Produktionsprozesse in den Unternehmen erfolgt in enger Zusammenarbeit mit den Arbeitsgebieten Produktionsprozesse und -infrastruktur.
Eine Besonderheit der Modellregion ist die Teilnahme von regionalen Netzbetreibern und Stromlieferanten. So stehen nicht nur die Angebotsseite der Flexibilität zur Verfügung, sondern auch Know-how und Daten der Nachfrageseite. In diesem Rahmen fließen Erkenntnisse zu Vermarktungsmechanismen aus dem Arbeitsgebiet Markt- und Stromsystem ein.
Die Zusammensetzung der Modellregion ermöglicht die Gestaltung von repräsentativen Anwendungsfällen für heutige und zukünftige Versorgungsszenarien und für den IKT-gestützten Testbetrieb von energieflexiblen Fabriken. Die Darstellung der Anwendungsfälle im IST-Zustand sowie die Entwicklung von Zukunftsszenarien werden in der Modellregion durch ein transdisziplinäres Team erarbeitet, um ganzheitlich gedachte Lösungen vor dem Hintergrund der Energiewende zu erarbeiten.
Ergebnisse
In diesem Arbeitsgebiet werden die relevanten (Typ-) Regionen, die eine Ähnlichkeit zur Modellregion Augsburg aufweisen, genauer charakterisiert. Wichtige Aspekte sind hierbei die hiesige Zusammensetzung des industriellen Stromverbrauchs sowie sozioökonomische Größen wie die Kaufkraft vor Ort. In der Modellregion Augsburg werden Lösungsansätze für die Integration von industrieller Flexibilität vor Ort entwickelt. Um die Übertragbarkeit der Ergebnisse aus der Modellregion Augsburg auch auf andere Regionen übertragen zu können, wurden zunächst Regionen mit einer ähnliche Erzeugungs- und Verbrauchsstruktur für Energie ermittelt. Der Anteil relevanter Regionen wurde anhand verschiedenen Kriterien bewertet. Betrachtet man den Anteil bezogen auf die Fläche, so sind lediglich ca. 10 % der Fläche Deutschlands für die Übertragbarkeit der Ergebnisse geeignet. Wird wiederum nur der industrielle Stromverbrauch betrachtet, der in den Analysen in SynErgie im Fokus steht, so können sogar 28 % erreicht werden. Die Modellregion Augsburg weist also durch die gute Übertragbarkeit in andere Regionen eine hohe energiewirtschaftliche Relevanz auf (siehe Abbildung). Künftig werden die relevanten Regionen genauer charakterisiert. Wichtige Aspekte sind hierbei die hiesige Zusammensetzung des industriellen Stromverbrauchs sowie sozioökonomische Größen, wie die Kaufkraft vor Ort. Das Beispiel des Stromverbrauchs der ansässigen Industriebranchen zeigt, dass einzelnen Regionen im Gegensatz zu anderen Regionen einen sehr hohen Anteil der Chemieindustrie am Stromverbrauch aufweisen und für die Übertragbarkeit daher weniger gut geeignet sind. Die Regionen mit einer großen Ähnlichkeit hinsichtlich der betrachteten Parameter sind hingegen für die Übertragbarkeit des Stakeholderprozesses relevant.
Aus dem SynErgie-Konsortium heraus bildete sich im November 2018 der VDI-Fachausschuss 208.1 mit dem Ziel, eine Richtlinie zum Thema Energieflexible Fabrik zu erarbeiten. In Zusammenarbeit von Forschungsinstituten, Vertreten aus der Industrie und dem VDI sind bisher die Inhalte für Blatt 1 und Blatt 2 der Richtlinie erarbeitet worden. Ziel der Richtlinienarbeit ist es, die gewonnen Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt SynErgie zu standardisieren und sie anwendergerecht darzustellen. Basierend auf Unternehmensbefragungen, Technologiesteckbriefen, Fachliteratur, Anwenderleitfäden und Status-Papiern beinhaltet das erste Richtlinienblatt die Grundlagen Energieflexibler Fabriken. Es werden Begrifflichkeiten eingeführt sowie unterschiedliche Akteure innerhalb und außerhalb Energieflexibler Fabriken definiert und zueinander in Bezug gesetzt. Blatt 2 der Richtlinie beschäftigt sich aufbauend darauf mit der Identifikation und Bewertung von Energieflexibilitätspotentialen in Industrieunternehmen. Ausgehend von einer qualitativen Anlagenanalyse wird das Vorgehen zur Messdatenaufnahme verdeutlicht, mit dessen Hilfe Energieflexibilitätspotentiale identifiziert und geeignete Maßnahmen abgeleitet werden können. Blatt 1 der VDI-Richtlinie 5207 wurde bereits veröffentlicht, während Blatt 2 für den Gründruck (Umlaufversion zur finalen Überarbeitung) fertiggestellt wurde. Der Richtlinien-Ausschuss unter Vorsitz von Prof. Dr.-Ing. Alexander Sauer tagt in regelmäßigen Abständen, um die Arbeiten an der Richtlinie voranzutreiben. Als nächstes widmet sich der Ausschuss der Erstellung einer Beschreibung von konkreten Anwendungsbeispielen energieflexibler Fabriken in der Industrie.
In der Energieflexible Modellregion Augsburg bereichern neue Vertreter aus der produzierenden Industrie, AGCO GmbH, Alois Müller und Felix Schoeller Group, das Unternehmen aus der Elektromobilität Steinbacher Consult sowie der Aggregator Entelios das Konsortium. In der Modellregion wird an der Umsetzung der erarbeiteten IKT-Lösungen aus dem Arbeitsgebiet Informations- und Kommunikationstechnik in produzierenden Unternehmen gearbeitet. Hierzu erweitern die neuen Projektpartner aus der Landmaschinenindustrie, der Papierherstellung und dem Anlagenbau die Demonstrator-Umgebung um interessante und repräsentative Anwendungsfälle. Durch den partizipativen Ansatz der Modellregion können Energieflexible Fabriken nicht ohne Einbezug der Verkehrswende gedacht werden. Die Nachfrage nach Energie durch die Mobilität birgt erhebliches Potenzial an Flexibilität, wenn die entsprechende Infrastruktur dahinter intelligent vernetzt ist und einem gesteuerten Energiemanagement unterliegt. Durch die zunehmende Elektrifizierung in der Mobilität verstärkt sich die Vernetzung der Sektoren Strom und Verkehr und ein weiterer Abnehmer von Energie kommt hinzu, welcher nun mit berücksichtigt wird. Der neue Partner Steinbacher Consult widmet sich dem Thema der Infrastrukturentwicklung für die Elektromobilität im Einklang mit Energieflexiblen Fabriken.
Künftig wird der Fokus auch auf kleine und mittlere Unternehmen sowie weniger energieintensive Unternehmen gelegt. Vor diesem Hintergrund wird durch den neuen Partner Entelios, der als Aggregator unterschiedliche Systemdienstleistungen ermöglicht, ein weiterer wichtiger Akteur in zukünftigen regionalen Energiesystemen adressiert.